Ort der Inspiration

…Vom Hügel zum Dorf, durchs Dorf zum Haus, bis ins Dachgeschoss zur Dachluke und wieder hinaus…
Erst mal habe ich mich mit dem Hügel und der Umgebung auseinander gesetzt. Es fanden sich einige Pläne des Landes Italien und der Stadt Barchi im Archiv und im Internet. Topografien, Flugzeugaufnahmen, Höhenlinien und historische Pläne habe ich eingesehen.
Als Kind war ich oft in den Sommermonaten in Barchi. Die Erinnerungen von damals kommen jedes Mal, wenn ich dort ankomme, wieder hoch. Wie ich Fußball spielte mit meinem Opa auf dem kleinen Dorfplatz, dem schönsten Platz in meinen Erinnerungen. Der Sprung ins kalte Gumpenwasser der Furloschlucht hat bei mir bleibenden Eindruck hinterlassen. Romanische Kirchenbesuche waren für mich eher anstrengend, doch erinnere ich mich noch an das bedrückende Gefühl und den modrigen Geruch.
2013 habe ich Barchi wiederentdeckt und begann mit Freunden hinzureisen. Schnell wurde mir klar, dass ich die Casa Enrici wiederbeleben, und erhalten möchte, dem Haus einen Nutzen geben. Die Mauern sind schon über 500 Jahre alt, da wäre es schade so ein geschichtsträchtiges Haus zu vernachlässigen. Visionen entstanden, von einem großen Werkraum mit alten Druckmaschinen im Keller oder einer großen Tafel, welche direkt im Sonnenuntergang für groß angelegte Abendveranstaltungen mit Freunden dienen würde. Ein Umbau des Gartens, mit einem Paradies an Pflanzen zum Kochen, einem Pizzaofen, und einer Gartendusche schwebte mir in den Sinn. Und eine generelle Sanierung des Hauses, nah am Bestehenden arbeitend, oder Veränderungen, welche die Historie des Ortes, und die ursprünglichen Materialien betont, angehen.
Wie ist der derzeitige Stand der Dinge, und welche Visionen wurden bereits umgesetzt? Das Haus ist groß genug für mindestens 15 Personen. So entsteht immer eine unterschiedliche Gruppenkonstellationen. Natürlich gibt es manchmal Streit, aber auch besonders viele Freuden. Abends wird immer gemeinsam gekocht, tagsüber unternehmen wir Ausflüge oder verfolgen ein Projekt in der Casa.
Voraussetzung war erst mal eine Ordnung und Entrümpelung, um die Visionen umsetzen zu können. Folgendes wurde schon realisiert: Verputz und Streicharbeiten, ein Pizzaofen im Garten, eine Gartendusche aus Holz mit eigener Warmwasserbereitung durch eine schwarze Wasserschlauchschnecke. Auch ein Hochbeet im Garten versorgt uns bereits schon mit eigenen gezüchteten Kräutern, die wir für unsere kulinarischen Kochexperimente stets benötigen. Schritt für Schritt fügen sich kleine Ausbesserung bis neue Einbauten in das Gesamtbild, nämlich dieses Haus als einen Ort der Inspiration für gemeinsame Unternehmungen mit Freunden zu erleben und zu genießen. In meinem Projekt habe ich mich dann historisch mit dem Dorf befasst und fand viel über die Stadt heraus. Durch Gespräche mit Einheimischen zum Beispiel mit dem Barkeeper, mit dem Elektriker, mit dem Schreiner und dem Historiker Marco konnte ich viele Erkenntnisse gewinnen. Das folgende Interview, dass Paul und ich mit dem Historiker geführt haben, gibt Einblicke in die Zusammenhänge Barchis. Da Paul auch begeistert ist von italienischer Architektur und er ebenfalls eine Arbeit über die Casa Enrici schreibt, begannen wir gemeinsam ein 3D Modell des Hauses und der Burg in Form einer Punktwolke zu erstellen. Dazu haben wir uns Pläne beschafft, und sind mit modernen Vermessungsgeräten vor Ort gewesen. Der Vorläufer war ein von mir erstelltes Hügel und Dorfmodell, welches uns animierte eine detailreiche Darstellung mit Lasererfassung zu erstellen. Dies gab uns die Möglichkeit eine neue Perspektive zu generieren, da wir mit dieser Technik eine exakte Darstellung des Dorfes und der Casa erstellen konnten. Mit einer VR Brille kann man durch Räume und Straßen eine virtuelle Rundfahrt erleben. Die Darstellung eröffnet neue Wege ein Haus zu erkunden. Im Detail gehe ich darauf im Kapitel 3 ein.

Im Dachzimmer im ersten Stockwerk wurde, vermutlich in den 60er Jahren, für den Schornsteinfeger eine Dachluke eingebaut. Unauffällig, klein, versteckt zwischen den breiten handgeschlagenen Eichenbalken verschwindet die Luke. Sie zog aber zunehmend meine Aufmerksamkeit an sich. Erstmals mit einer Klapp-Leiter hochgestiegen, aus ihrer verrosteten Verankerung mit einiger Kraft heraus gestemmt, um endlich unter Knackgeräuschen geöffnet zu werden. Sogleich belohnte mich der Ausblick über die Dächer der Stadt in die Ferne, hinein in die Apenninen. Hier wusste ich, jetzt muss ich einen Lieblingsplatz schaffen, der es ermöglicht nicht eingezwängt im Fensterschacht zu stehen, sondern in gemütlicher Lage einen Sitzplatz für zwei zu schaffen. Dieser Höhepunkt geht in Planung. Lichteinfälle die durch eine Form entstehen können, und ins Zimmer einfallen, konstruiere ich mit Hilfe eines Raummodelles. Innerhalb des Modelles experimentiere ich mit verschiedenen Elementen. Im Kapitel 5 zeigen Fotografien die unterschiedlichen Lichteinfälle im Modell. Auch auf unterschiedliche Jahres und Tageszeiten, somit den Sonnenstand bin ich eingegangen. Die Formen der Elemente sind in ihrer Funktionalität unterschiedlich fokussiert, in Optik des Körpers oder Licht Korrespondenz des Körpers. Diese Experimente zeigen mir wunderbare Lichtspiele im Raum, und führen mich schließlich zu dem Ursprungsgedanken, nämlich unmittelbar mit der Natur in Kontakt zu treten. Verbunden mit der gemütlichen Sitzmöglichkeit auf dem schönen Aussichtspunkt des Hauses.