Übersichtsplan der Burg, erstellt aus Scandaten, die weißen Kreise zeigen die einzelnen Scanstandorte.
Was ist denn schon vorhanden?
Vorhanden sind: Pläne vom Eigentümer, von der Stadt, vom Katasteramt, oder Google Maps. Alle Daten über den Umkreis von Barchi wurden zusammengetragen.
Es gibt alte Flugzeugaufnahmen und aktuelle Satellitenaufnahmen, Höhenlinien, Daten über die Landwirtschaft, Bodenbeschaffenheiten, Flussläufe, und viele weitere Informationen über die Umgebung.
Das erste 3D Modell entstand aus den Höhenlinien der Pläne. Die Linien wurden digital nachgezeichnet und anschließend aus einem Stück Holz ausgefräst. Man bekommt einen Überblick über die geografischen Verhältnisse der Terra Roveresche.
Die Linien wurden in einem zweiten Modell mit einer Surface, runder abgebildet.
Aus den Höhenlinien habe ich ein digitales Modell gebaut, welches den Hügel auf dem Barchi liegt, und seine angrenzenden Hügel, darstellen soll. Um die Landschaft zu verstehen, hilft es sich die Höhendimensionen vorstellen zu können. Doch am besten ist es wenn man es in die Hand nehmen kann, also gibt es das Modell aus Holz. Ich habe mit den Darstellungsweisen experimentiert, um verschiedene Anschauungen zu erhalten. Das Holz wird auf den Arbeitstisch des Roboters geschraubt. In einem komplexen Prozess werden die Fräspfade manuell gezeichnet und in den Roboter eingespeist. Der Fräskopf fährt ins Holz und den geplanten Pfad ab. Das Problem: der Fräskopf dreht zu schnell, der Roboter fährt zu langsam. Die Richtung der Faser des Holzes spielt auch eine große Rolle. Es lässt sich einfacher mit der Faser fräsen als gegen sie. Dadurch entstehen an einigen Stellen schlechte Ergebnisse. Das Holz wird stellenweise zerfetzt.
Wie kann man das Dorf zugänglich machen für Personen die nicht vor Ort sind, und für die Professoren und Studenten bei der Ausstellung? Man braucht ein besseres, genaueres Modell mit Farbinformationen und einer hohen Detailgenauigkeit. Man soll Barchi möglichst real erleben können. Das ist möglich wenn man die Scandaten eines Leica BLK360 Punktwolkenscanners hat. Also nehme ich eine Vermessung des kompletten Dorfes Barchi, sowie der Casa Enrici vor. Man kann sich also digital durch das Dorf bewegen. Es ist eine sehr genaue Messung, in der man sogar kleinste Details erkennen kann. Die Datei setzt sich aus ca. 1,5 Milliarden Punkten mit Farbinformationen zusammen. Mit jeder Messung nimmt der Scanner ca 5 Millionen Punkte auf, und die Datei enthält ca. 300 Messungen. Eine Messung benötigt ca. 3 Minuten. Der Scanner ist ein hochsensibles Gerät. Erschütterungen und Unterbrechungen während der Messung können zu größeren Schäden führen. Man sollte sich im Vorhinein Gedanken über den Standort des Scanners machen und vermeiden dass Autos den Prozess stören. Das Vermessungsgerät misst anhand zweier sich rotierender Spiegel, welche mit einem Laserstrahl beschossen werden. Das Gerät dreht sich um die eigene Achse und nimmt zusätzlich ein 360 Grad Foto an jedem Messpunkt auf. Die Messgenauigkeit variiert zwischen circa zwei und sechs Millionen Punkten, je nach Qualitätseinstellung. Dies wirkt sich natürlich auf die Größe der gesammelten Daten aus. Paul und ich verbringen 8 Tage zusammen in Barchi, um diese Datei zu erstellen, und zusätzlich noch Kameraaufnahmen und Drohnenaufnahmen anzufertigen.
Die Punktwolke des gesamten Dorfes besteht aus circa 300 Messungen. Eine Messung hat eine Größe von ungefähr 500MB – 1GB. Die Messungen können mit einer Software zusammengesetzt (registriert) werden. Man sucht nach Übereinstimmungen der Messungen. Das bedeutet, dass jede Messung mehrere Bezugspunkte zur vorangegangenen Messung haben sollte, damit das Ergebnis funktioniert. Wenn die einzelnen Scans zusammengeführt werden, entsteht ein Gesamtbild. Die unbearbeitete Datei der kompletten Burg und des Hauses hat eine Größe von 70GB. Da hat man selbst mit einem sehr leistungsstarken Rechner große Probleme beim Nachbearbeiten. Die meisten Softwares können nicht mit so großen Datenmengen umgehen. Der nächste Schritt, um die Punktwolke im Ganzen darstellen zu können, ist eine deutliche Verkleinerung der Dateigröße, somit die Reduzierung der Punktmenge. Wenn es dann möglich ist mit der Datei zu arbeiten, trotz weiter bestehenden Wartezeiten, hat man verschiedenste Varianten der Darstellung, und Sichtung der Punktwolke. Bei der Durchfliegung des Hauses, erschließt sich eine erstaunliche, neue Art der Entdeckung. Größenverhältnisse der Räume, Wand und Deckenstärken, und die Struktur des Hauses kann man nun gut verstehen. Außerdem ist es möglich das Haus auf unrealen Wegen zu durchfliegen, beispielsweise ein Flug durch die Regenrinne, die Simulation des Blickwinkels einer Ameise, oder das Fliegen zwischen den Mauern. Die Orthofotografien die entstehen, haben eine ganz eigene Ästhetik. Die extrem genauen Schnitte, welche man durch Bearbeitung der Datei erstellen kann, haben eine hochwertige und filigrane, nahe am Gezeichneten, liegende Form. Auch die Fehler des Scans, die zum Beispiel bei Spiegelungen entstehen, sind interessant. Es entstehen neue Räume und Perspektiven das Haus zu betrachten.
Wie schafft man es die Ergebnisse möglichst nah erfahrbar zu machen? Ich habe Fly-Trough-Videos gedreht, habe Aussichtspunkte erstellt, von denen man das Modell aus der jeweilig entdeckten Perspektive aus betrachten kann. Die der Wirklichkeit sehr Nahe kommende Lösung, ist jedoch eine Simulation für VR-Brillen. Man kann sich einen eigen Weg durch die Burg suchen, und fühlt sich so, als wäre man vor Ort. Zumindest ist es visuell sehr orientiert an der Realität. Durch die Möglichkeiten der Fortbewegung wird es jedoch schnell zu einer neuen Erfahrung, und hat nichts mit der Realität zu tun. Ein Flug über die Burg, betrachtet aus der Vogelperspektive, oder die Häuser von unten, es gibt unendlich Möglichkeiten der Betrachtung. Die Ungenauigkeit der Messung liegt unter zwei Millimetern, das heißt es ist möglich jeden einzelnen Grashalm zu inspizieren. Man kann Messungen in der Simulation durchführen. Ein Nachteil dieser Art der Darstellung ist: Bei zu schnellem fliegen oder einem unnatürlichen Flugstil, kann einem schnell schlecht werden. Vor allem bei Flügen die nach unten in einer Drehung geschehen.